by Axel Brüggemann
Der Podcast von BackstageClassical.com – Der Musikjournalist Axel Brüggemann trifft in unregelmäßigen Abständen die Player der klassischen Musik und redet, kurz oder lang, über Themen, die die Welt der Musik bewegen: Oper, Konzert und Bühne.
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🇩🇪
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3/8/2023
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April 28, 2025
Steven Walter, Intendant der Beethovenfeste Bonn und deutsch-amerikanischer Doppelstaatsbürger, gibt nach einem Thomas Mann-Fellowship in den USA Einblicke in die Musikgesellschaft und das politische Klima in Zeiten von Donald Trump. Er berichtet über ein Land, das von vielen in der Kulturszene als »gehijacked« empfunden wird. In der US-Kultur gebe es eine Mischung aus Schockstarre, Angst und »Soul Searching« bezüglich Themen wie »Wokeness«. Trotz Fragmentierung der Linken sieht Walter Anzeichen für zunehmenden Protest und bessere Organisation. Die Kulturförderung sei in den USA stärker privat und weniger staatlich als in Deutschland. Diese Staatsferne schütze zwar vor direktem staatlichem Zugriff, ermögliche aber auch politische Einflussnahme durch Stiftungen. In Deutschland sei staatliche Förderung nötig, müsse aber Kunstfreiheit und Distanz wahren. Walter und Gesprächspartner diskutieren einen möglichen »Backlash« gegen linke Kulturprojekte, der mit einer Entkopplung von Lebensrealitäten zusammenhängen könnte. Er sieht politische Phänomene wie den Trumpismus auch als kulturelles Problem, basierend auf Gefühlen von Abgehängtheit. Walter beobachtete zudem eine gesellschaftliche »Anästhesierung«, der Kultur durch Bedeutung entgegenwirken könne. Am teilweise bundesfinanzierten Kennedy Center kam es nach Trumps Amtsantritt schnell zu politischer Einflussnahme und Entlassungen. Liberale Geldgeber zogen sich teils zurück. Langfristig bleibt Walter wegen einer starken Zivilgesellschaft in den USA optimistisch. Seine Reise inspirierte ihn unter anderem durch offene, Post-Genre-Ansätze und die amerikanische Servicekultur.
April 27, 2025
Die israelische Sopranistin Chen Reiss sieht wachsende Schwierigkeiten für jüdische Künstler und beklagt eine spürbare Vorsicht bei Veranstaltern, Programme mit Musik jüdischer Komponisten anzusetzen. Anlass ist ihr neues Album »Jewish Vienna«, das Musik von Alexander Zemlinsky, Erich Wolfgang Korngold und Josephine Winter enthält. »Wir erleben Antisemitismus überall«, sagte Reiss in einem Interview mit BackstageClassical über die aktuelle Situation weltweit. Sie spricht von unsicheren und instabilen Zeiten, besonders für Juden. Die Künstlerin, deren Großeltern 1939 aus Europa fliehen mussten, empfindet die Gegenwart als besorgniserregend und weiß nicht, wohin man diesmal fliehen solle. Selbst Deutschland, das sie einst als sicher empfand, könne sie heute nicht mehr als solches bezeichnen. Die aktuelle politische Lage wirke sich auch auf ihre Arbeit aus, berichtet Reiss. Während Kollegen meist aufgeschlossen seien, zeigten sich einige Veranstalter zurückhaltend. »Einige Veranstalter sind vorsichtig geworden, ein jüdisches Programm zu planen«, so Reiss. Die Furcht gelte Demonstrationen oder Empörung des Publikums. Manche hätten ihr offen gesagt, dass ihr Projekt Jewish Vienna zwar fabelhaft sei, sie angesichts des politischen Umfelds aber lieber etwas anderes singen solle. Reiss betont, dass das Album nichts mit Israel zu tun habe. Die Stücke seien alle vor der Staatsgründung Israels 1948 komponiert worden; die meisten der Komponisten seien sogar vorher gestorben. Sie singe Musik von jüdischen Komponisten, die in Wien wirkten – einer Stadt, die Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts ein einzigartiges Zentrum für Kunst, Intellekt und Musik war. Es handele sich um europäische Musik, die aus dieser Tradition erwachsen sei. Komponisten wie Zemlinsky, Korngold oder Gustav Mahler, auch wenn er konvertierte, waren tief in der Wiener Gesellschaft assimiliert. Das Album beleuchte nicht nur die Musik, sondern auch das Schicksal dieser Künstler. So starb Josephine Winter 1943 in Theresienstadt. Erich Wolfgang Korngold musste in die USA emigrieren und war gezwungen, Filmmusik zu schreiben, anstatt seine künstlerische Tradition fortzusetzen. Reiss spricht von einer durch die Verfolgung und Ermordung jüdischer Künstler unterbrochenen und zerstörten Tradition. Angesichts der heutigen Parallelen sei es deprimierend und melancholisch. Dennoch gebe es Grund zur Hoffnung, und es liege in der eigenen Hand, die Dinge zum Besseren zu wenden. Reiss sieht es als ihre Verantwortung als Künstlerin, aufzuklären. Sie ermutigt Veranstalter und empfindet die Aufmerksamkeit der Presse für das Thema als positiv. Die Zuhörer klassischer Musik seien zudem oft ein anderes Publikum als die Demonstranten auf der Straße. Entscheidend sei es, die junge Generation zu bilden und die Geschichten zu erzählen, was geschehen ist und heute geschieht, aus einer humanitären Perspektive. Es gehe darum, Dialog zu schaffen und Menschen zu ermutigen, Informationen kritisch zu hinterfragen. Reiss wird demnächst weltweit mit Korngold-, Schreker- und Mahler-Liedern auftreten.
April 22, 2025
Nikolaus Pont, der Intendant des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks (BRSO), hat sich besorgt über mögliche Kürzungen in der Kulturberichterstattung der Süddeutschen Zeitung (SZ) geäußert. In einem Brief an Veranstalter in und um München habe er seine Befürchtungen zum Ausdruck gebracht und um Sensibilisierung für dieses Thema gebeten. Pont bestätigte in einem Gespräch mit dem Podcast von Backstage Classical einen entsprechenden Informationsaustausch mit Kollegen im Münchner Veranstalterkreis. Er sei überrascht gewesen von der Information, dass Konzertrezensionen in der SZ deutlich reduziert werden sollen. Dies habe ihn dazu bewogen, die betroffenen Personen zu informieren, da er dies als einen »kompletten Richtungswechsel« ansehe. Der BRSO-Intendant betonte, dass dieser Trend einer Schwächung der Kulturkritik nicht nur ein lokales Problem Münchens sei, sondern gesamtgesellschaftlich beobachtet werden könne. Er sehe darin eine Parallele zu einem allgemeinen Wandel im Medienkonsum und der Bewertung von Nachrichten. Gleichzeitig hob er die »privilegierte« Situation Münchens hervor, die bisher von einer vergleichsweise breiten Medienlandschaft mit regelmäßigen Rezensionen klassischer Konzerte geprägt gewesen sei. Namen wie Joachim Kaiser und Wolf-Eberhard von Lewinski seien eng mit der Musikkritik der Süddeutschen Zeitung verbunden. Pont wies darauf hin, dass die Bedeutung der klassischen Musik in der Gesellschaft möglicherweise abnehme, was sich auch im Medieninteresse widerspiegele. Er fragte, ob der Wert von Konzertrezensionen tatsächlich deshalb geringer eingeschätzt werden könne, nur weil sie weniger gelesen würden. Seiner Ansicht nach spiele eher eine Rolle, wie Medien generell die Bedeutung von Inhalten bewerten, die nicht zu den Top-Klickzahlen gehören. Es wäre »zu kurz gegriffen« zu behaupten, früher hätten sich die Menschen massenhaft für Konzertkritiken interessiert und heute niemanden mehr. Gleichzeitig beobachtet Pont, dass Kulturinstitutionen zunehmend selbst zu Medien werden, etwa durch Social-Media-Aktivitäten und die Inszenierung von Diskursen, beispielsweise durch Kritikergespräche nach Aufführungen. Er warnte jedoch vor einer reinen »Selbstinszenierung«, bei der man primär versuche, sich selbst ins Gespräch zu bringen, und dabei die Seriosität verlieren könne. Trotz der veränderten Medienlandschaft hält Pont die »kritische und zwar sehr kritische« Auseinandersetzung mit dem Kulturgeschehen für essentiell, gerade für öffentlich finanzierte Institutionen wie das BRSO. Es gehe darum, dass das, was in den Konzerten passiere, von einer relevanten Anzahl von Menschen beachtet, beobachtet und eben auch durch öffentliche Gelder mitfinanziert werde. Er kämpfe weiterhin darum, dass Medien wie die Süddeutsche Zeitung die Relevanz ihrer Arbeit so einschätzen, dass sie regelmäßig darüber berichten. Dies habe nichts mit einem »krampfhaften Festhalten an dem, was mal war« zu tun, aber dieser Aspekt dürfe nicht aus den Augen verloren werden. Mit Blick in die Zukunft räumte Pont ein, dass eine präzise Vorhersage schwerfalle. Klar sei jedoch, dass es nicht so bleiben werde wie bisher. Kulturveranstalter müssten den »richtigen Mittelweg finden zwischen dem direkten Weg zu unserem Publikum und unserem auch potenziellen Publikum«. Eine verbesserte Öffentlichkeitsarbeit und ein besseres Kennenlernen des Publikums, etwa durch Customer-Relationship-Management-Systeme (CRM), seien notwendig. Gleichzeitig müsse die Qualität des Kerngeschäfts, also der Konzerte selbst, erhalten bleiben.
Axel Brüggemann, Dorothea Gregor
Matze Hielscher & Mit Vergnügen
radioeins (rbb) & rbb media
Wondery
ZDF, Markus Lanz & Richard David Precht
barba radio, Barbara Schöneberger
Philip Banse & Ulf Buermeyer
Micky Beisenherz & Studio Bummens
ZEIT ONLINE
Gabor Steingart
ZEIT ONLINE
Giulia Becker & Chris Sommer
Deutschlandfunk Kultur
Spotify & Bill und Tom Kaulitz
Jakob Augstein, Nikolaus Blome / RTL+
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